Weihnachtsmann oder Christkind – wer bringt die Geschenke?

Dezember

Eine weihnachtliche Betrachtung von Pia Steinbauer
„Alle Jahre wieder“ – Weihnachten hat uns inzwischen alle wieder in seinen Bann gezogen. Es locken Weihnachtsmärkte, wir suchen Geschenke für Freunde und Verwandte und mittendrin begegnen sie uns allenthalben – rotbackige weißbärtige Weihnachtsmänner und golden schimmernde Christkinder! So manche Eltern geraten da auf die Fragen ihre Kinder in echte Erklärungsnöte: Wer bringt denn nun die Geschenke – der Weihnachtsmann oder das Christkind? Vielerorts ist es eine richtige Glaubensfrage, denn in Sachen Gabenbringer spaltet sich die Nation: Hier überreicht das Christkind die Weihnachtsgaben, dort bringt sie der Weihnachtsmann.

Grund genug einmal zurückzublicken, wie sich die Tradition der Weihnachtsgeschenke im Laufe der Jahrhunderte entwickelt hat.

Am Anfang war der Nikolaus
Der Nikolaus. Er ist keine legendäre Figur, sondern hat tatsächlich gelebt. In Myra, einer kleinen Stadt an der Ägäis-Küste wirkte im 4. Jahrhundert Bischof Nikolaus, von dem es heißt, er war voller Güte, habe allerorts geholfen und bedürftige Mitmenschen unterstützt. Seit dem 11. Jahrhundert, als die Gebeine des Heiligen aus dem kleinasiatischen Myra ins italienische Bari gebracht wurden, blüht die Nikolaus-Verehrung auch in Europa. Mit der Verehrung kam der Brauch auf, an seinem Todestag (6. Dezember) vor allem den braven und tüchtigen Kindern etwas zu schenken. So war nicht der 25. Dezember – am diesem Tag feiern die Christen schon seit dem 4. Jahrhundert das Weihnachtsfest  – der Tag des Schenkens, sondern der 6. Dezember. Bis ins 18. Jahrhundert hinein war der Nikolaustag der Beschertag für die Kinder.
Der Nikolaus kam daher mit Mitra und Bischofsstab. Neben einem Sack mit süßen Gaben hatte er auch eine Rute dabei. „Seid ihr denn auch artig gewesen?“ Diese Frage stellte er wohl allen erwartungsvoll blickenden Kindern, denn es war Sitte, dass Nikolaus lobte und auch tadelte. Im 16. Jahrhundert stellte man Nikolaus einen furchteinflößenden Gehilfen zur Seite, den Knecht Ruprecht. Im oblag es nun, zu tadeln und die Rute zu zücken. Über Jahrhunderte war der heilige Nikolaus der einzige Gabenbringer und somit auch der Vorgänger von Weihnachtsmann und Christkind.

Das Christkind
Die Figur des Christkindes geht auf Martin Luther zurück. In seinem Kampf gegen die Heiligenverehrung wollte er das Brauchtum um den heiligen Nikolaus zurückdrängen. Im Jahre1535 verlegte Martin Luther die bisher am Nikolaustag gebräuchliche Beschenkung im Familienkreis auf das Weihnachtsfest am 25. Dezember. Nun brachte nicht mehr der heilige Nikolaus, sondern der „heilige Christ“ die Geschenke. Die Figur des „heilige Christ“ aber war für die Menschen jener Zeit zu anonym, zu wenig vorstellbar. So wurde der „heilige Christ“ zum Christkind verniedlicht. Das Christkind symbolisiert aber nicht das Jesukind, wie vielfach angenommen wird, sondern eher die engelhaften gekleideten Mädchen, die bei Krippenspielen das Jesukind begleiteten.

Weihnachtsmann
Zwar lässt sich der Weihnachtsmann ohne seinen Vorläufer, den heiligen Nikolaus nicht erklären, aber im Grunde ist er eine Erfindung der Moderne. Im 19. Jahrhundert kamen neue Vorstellungen von einer gabenbringenden Gestalt auf, die erstmals in dem bekannten Gedicht von Hugo von Fallerleben „Morgen kommt der Weihnachtsmann“ benannt wurde. Der im pfälzischen Landau und nach Amerika ausgewanderte Thomas Nast gab dem Weihnachtsmann dann im Jahre 1863 eine Gestalt – er schuf den „Santa Claus“, einen weißbärtigen Weihnachtsmann, gekleidet in einem pelzbesetzten Anzug mit Zipfelmütze. Thomas Nast ließ sich dabei vom deutschen Nikolaus, dem englischen Father Christmas und dem holländischen Sinterklaas inspirieren. Der Sage nach lebt der Weihnachtsmann am Nordpol und verteilt mit seinem Rentierschlitten, oft unterstützt von Wichteln, am Weihnachtstag seine Gaben.
In den 1920er prägte eine bekannte amerikanische Brausefirma, die den Weihnachtsmann zu einem ihrer Werbeträger machte, die rotweißen Farben der Weihnachtsmanntracht.

Weihnachtsmann oder Christkind?
Weihnachtsmann oder Christkind treten nie gemeinsam auf. Abhängig von der Region, in der man lebt, kommt entweder der Weihnachtsmann oder das Christkind.
Aber ganz gleich, wer die Geschenke bringt – die Funktion der Figuren ist die Gleiche. Sie sollen die beschenkten Kinder in Unwissenheit lassen, von wem die Geschenke sind. Nicht Eltern oder Großeltern haben für sie die Geschenke gekauft, sondern Nikolaus oder Christkind. Bedanken können sich die Kleinen dann nur mit Artigsein!
Und doch noch Nikolaus! Unabhängig von der Wandlung der weihnachtlichen Gabenbringer hat sich der Nikolaustag am 6. Dezember  bis in die heutige Zeit erhalten. So bringt der Nikolaus – gleichsam als Vorbote der weihnachtlichen Zeit – auch heute noch süße Gaben an seinem Namenstag.