Imposanter Nordflügel der Kaiserpfalz Ingelheim eröffnet

[14. Juni 2014] – In diesen Tagen ist der Nordflügel der Kaiserpfalz in den Focus gerückt. Der neu gestaltete, unterhalb der Saalkirche gelegene Bezirk wurde nach seiner archäologischen Erforschung in den Jahren 2011 und 2012 nun auch in Teilen freigelegt, restauriert und zugänglich gemacht. Dem Besucher öffnet sich in der Sebastian-Münster-Straße und Karlstraße ein Blick auf den Nordflügel, der so bisher nicht im Stadtbild sichtbar war.

Eine neue Perspektive - das Bronzetastmodell mit den imposanten Mauern des Nordflügels. [Foto: Pia Steinbauer]
Eine neue Perspektive – das Bronzetastmodell mit den imposanten Mauern des Nordflügels. [Foto: Pia Steinbauer]
Bereits vom anliegenden Parkplatz aus fällt das imposante, in Teilen bis zu 6,5 Meter hohes Mauerwerk ins Auge. Besondere Aufwendungen waren bei der Sanierung dieser sandsteinernen Mauerteile erforderlich, denn sie waren durch zahlreiche An- und Umbauten im Laufe der Jahrhunderte schwer geschädigt. Eine besondere Attraktion sind hier zwei freigelegte hochmittelalterliche Bogenscharten. Dieser Blick auf die „ehemalige Rheinfront des Nordflügels“ konnte durch den Abriss zweier baufälliger Wohnhäuser an der Sebastian-Münster-Straße ermöglicht werden.
„Mit der Sanierung des Areals wurde ein weiterer Baustein im denkmaltouristischen Konzept zur Erschließung der Kaiserpfalz realisiert“, erläuterte Holger Grewe, Leiter der Forschungsstelle Kaiserpfalz. Er schilderte anschaulich die Bedeutung dieses Gebäudekomplexes, der um 800 als ein Bestandteil der Pfalzgründung Karls des Großen errichtet wurde.
Die Erkenntnisse der archäologischen Erforschung: Nach Norden hat der 75 Meter lange Bauteil die Schauseite der Kaiserpfalz zum Rheintal hin gebildet. Die beeindruckende Silhouette der mehr als 6 Meter hohen Gebäude zeigten den repräsentativen Charakter der Ingelheimer Pfalzarchitektur. Im Innenbereich öffnete sich der Nordflügel zu einen Säulengang mit kostbaren römischen Säulen und Kapitellen.
Zudem entstand in der Karlstraße 7 ein archäologisches Fenster, welches freigelegte Mauerreste zeigt und analog zum Präsentationsbereich am Heidesheimer Tor den Säulengang des Nordflügels mit zwei Nachbildungen befundgerecht dargestellt.

Das Bronzetastmodell
Neben der Wiedersichtbarmachung des Nordflügels bringt der neue Denkmalbereich noch eine weitere Aufwertung für den Besuch der Kaiserpfalz mit sich: Er ist Aufstellungsort des neuen barrierefreien Bronzetastmodells, dessen Aufgabe es ist, Sehbehinderten und Sehenden gleichermaßen das Nebeneinander von mittelalterlichem Denkmal und neuzeitlicher Wohnbebauung im Kaiserpfalzgebiet zu veranschaulichen. Hierfür wurde mit verschiedenen ertastbaren Oberflächenstrukturen und Höhenniveaus gearbeitet. Das Modell des Künstlers Egbert Broerken soll Besuchern, die sich der Kaiserpfalz vom Parkplatz in der Natalie-von-Harder-Straße nähern, erste Orientierung bieten und den Gästeführern und ihren Gruppen als wertvolle Ergänzung der Führungen dienen. Das Tastmodell ist 1 x 1,20 Meter groß und wurde im Maßstab 1:200 umgesetzt. Egbert Broerken aus Westfalen entwickelte vor über 20 Jahren die Idee der bronzenen Stadtmodelle für Blinde und Sehende. Inzwischen hat er über 100 Stadtmodelle erstellt und ist dabei auch über Deutschland hinaus tätig. Auch das Bronzetastmodell im Rosengärtchen an der Burgkirche in Ober-Ingelheim fertigte Egbert Broerken an.