Die Welt in Augenschein genommen: Sebastian Münster und Gottfried Mascop

Landkarten sind Werkzeuge. Sie sind aber immer nur ein Produkt des menschlichen Horizontes, begrenzt vom Wissen des Menschen um die Welt und den Kosmos. J. B. Harley und D. Westward bringen es in ihrer im Jahre 1987 erschienenen „History of Cartography“ auf den Punkt: „Landkarten sind menschliche Dokumente, Artefakte, mit allen Einschränkungen und interessanten Qualitäten, welche diese Begriffe andeuten. Die Hand des Kartenherstellers wird geleitet von einem Verstand, der sich in einer bestimmten Zeit und an einem bestimmten Ort befindet, und zwangsläufig den Vorurteilen seiner oder ihrer Umgebung unterliegt.“

Die ersten auf Stein gemalten Landkarten stammen aus der Altsteinzeit. In mittelalterlichen Handschriften reicht die Größe der Karten von kleinen Strichzeichnungen bis hin zu metergroßen farbigen Darstellungen. Bis zum 15. Jahrhundert dominierten in der Kartenherstellung Federn und Pinsel, danach waren Holzschnitte und später Kupferstiche üblich, häufig von Hand koloriert.

Sebastian Münster
Der 1488 in Nieder-Ingelheim geborene Sebastian Münster zählt nicht nur zu den vielseitigsten Gelehrten seiner Zeit, sondern auch zu einem der größten Geographen. Sein geographisch-historisches Hauptwerk ist die 1544 in Basel gedruckte „Cosmographia“. Dieses Standardwerk der geographischen Literatur wurde mit 21 Auflagen und Übersetzungen in viele Sprachen zum bedeutendsten Buch seiner Zeit. In der „Cosmographia“ finden sich Kartenwerke, Ansichten einzelner Städte und Landschaften verbunden mit ausführlichen Beschreibungen. Als erster Wissenschaftler erläutert Sebastian Münster in seinen Schriften  Vermessungsmethoden und gibt Hinweise für den praktischen Gebrauch von Vermessungsinstrumenten. Münster ist zudem der erste Geograph, der den Einsatz trigometrischer Berechnungen in die Landvermessung dokumentiert. Mit diesen aufgezeichneten Berechnungsmethoden legte Sebastian Münster die Grundlage für eine moderne Kartographie, aus der sich Reisekarte und Stadtplan, aber auch die regionale Kartographie entwickelten.

Gottfried Mascop
Zu den bedeutendsten Landmessern und Kartographen unserer Region zählt Gottfried Mascop. Der „Landmeter“ oder „Geographus“ kartographiert im Auftrag des Erzbischofs Daniel Brendel von Homburg große Teile des Mainzer Erzstifts. Sein Auftrag: Das Erzstift vermessen und in Karten und Regalbüchern aufzeichnen. Gottfried Mascop arbeitete zwei Jahre lang an diesem ehrgeizigen Projekt (1576/1577), schloss die Vermessung des gesamten Territoriums aus unbekannten Gründen aber nicht ab.
Aus dieser Zeit erhalten geblieben ist ein Atlas mit handgezeichneten Stadt- und Gemarkungsplänen im Gebiet der Kurmainzer Ämter Olm, Algesheim und Bingen. Auch wenn die Pläne und Karten von Mascop nur nach Augenschein, also unvermessen, gezeichnet sind, besitzen sie wegen ihres Detailreichtums einen großen Wert. Sie geben einen aufschlussreichen Einblick in die Siedlungsgeschichte des 16. Jahrhunderts. Die noch erhaltenen Mascopschen Karten befinden sich heute im Staatsarchiv Würzburg.

Das Abbildung zeigt eine reliefartige Nachbildung der Mascopschen Darstellung von Gau-Algesheim (Foto: Pia Steinbauer)